Antrag zu TOP 2 der Kreistagssitzung am 18.08.2021 („Bericht zur Bewältigung der Flutkatastrophe im Kreis Ahrweiler)
Der Kreistag Ahrweiler beschließt folgende Resolution:
Die Flutkatastrophe des 14. und 15. Juli 2021 hat schreckliche Auswirkungen für die Menschen im Ahrtal und in unserer gesamten Region.
Mindestens 141 Menschen haben ihr Leben verloren. Über 700 Menschen wurden verletzt. Und noch immer werden neun Personen vermisst.
Das Ausmaß der Katastrophe ist unvorstellbar. Die menschliche Dimension dieser Tragödie ist nicht in Worte zu fassen. Auch die materiellen Schäden gehen über alles hinaus, was im Nachkriegsdeutschland durch eine Naturkatastrophe verursacht wurde.
Um unsere Region wiederaufzubauen, benötigen wir einen Kraftakt des Bundes und aller Länder. Deshalb begrüßen wir im Grundsatz die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz. Dennoch legen wir großen Wert darauf, dass die Verteilung der Mittel sich an der Höhe der Schäden in den jeweiligen Regionen richtet. Und wir sind skeptisch angesichts der bislang beabsichtigten Verteilung dieser Mittel auf die Bundesländer.
In dieser Krise haben viele Menschen sich unermüdlich für die Betroffenen eingesetzt und Großartiges geleistet. Den Helferinnen und Helfern gilt unser Dank!
Aber gerade in dieser Krise benötigt unser Kreis auch Führung und Orientierung. An beidem hat es in den letzten Wochen gemangelt. Die Aufarbeitung der rechtlichen Fragen rund um den 14. und 15. Juli 2021 liegt nun in den Händen der Staatsanwaltschaft. Aber auch die moralischen und politischen Fragen, die mit der Flutkatastrophe und ihren Folgen verbunden sind, müssen beantwortet werden. Hier vermissen wir klare Antworten vom Landrat des Landkreises Ahrweiler, Herrn Dr. Jürgen Pföhler. Sein Verhalten hat das Vertrauen in ihn und seine Amtsführung erschüttert. Die Pressemitteilung vom 10. August 2021 zeigt, dass von ihm keine Führung in dieser Krise zu erwarten ist.
In den kommenden Monaten und Jahren steht unser Kreis vor gigantischen Herausforderungen. Diesen möchte der Kreistag partei- und fraktionsübergreifend begegnen. Wir wollen unsere Region wiederaufbauen!
Wir bedauern, dass dies mit Herrn Dr. Pföhler trotz seiner unbestreitbaren Verdienste für unseren Landkreis und seine Menschen nicht mehr möglich ist.
Wir möchten Herrn Dr. Pföhler und vor allem den Menschen im Katastrophengebiet ein aufwendiges Abwahlverfahren nach § 49 (1) LKO ersparen. Deshalb erwartet der Kreistag des Landkreises Ahrweiler, dass Herr Dr. Jürgen Pföhler seiner politischen Verantwortung gerecht wird. Und wir fordern ihn auf den Weg für einen Neuanfang frei zu machen.
Für die SPD Fraktion im Kreistag
gez. Christoph Schmitt
Maßnahmenpaket / Forderungen
Ausschließlich per Mail an:
Bundesminister Olaf Scholz
Ministerpräsidentin Malu Dreyer
SPD – Parteivorstand, SPD Landesverband RLP
SPD Fraktion im Bundestag, SPD Landesgruppe RLP
06.08.2021
Forderungen zur Bewältigung der Flutkatastrophe an der Ahr
Liebe Genossinnen, liebe Genossen,
eine kaum vorstellbare Naturkatastrophe hat vor 3 Wochen unermessliches Leid, Not, Sorge und Verwüstung in unser schönes Ahrtal gebracht.
Als Kind der Region, als Fraktionsvorsitzender der SPD im Kreistag Ahrweiler und als Bundestagskandidat im Wahlkreis 198 habe ich mich wirklich sehr über die große Anteilnahme und die viele Hilfe aus der ganzen Republik gefreut. Auch die Besuche vor Ort von Olaf, von Malu und von Roger und die damit verbundenen Zusagen zur Hilfe bei der Bewältigung der großen Krise haben dem Menschen in dieser schweren Zeit Mut und Zuversicht gebracht. Vielen Dank dafür!
Die Rufe nach langfristiger Hilfe zum Wiederaufbau werden aus allen Teilen der Politik und der Bevölkerung vor Ort nun immer größer und auch konkreter. Auch die SPD im Kreis Ahrweiler hat entsprechende Forderungen an die Bundes- und Landespolitik formuliert, die ich euch in deren Namen mit der Bitte um Unterstützung weiterleite:
Neben den bereits bewilligten Soforthilfen bedarf es großer finanzieller Programme von Land um Bund für folgende Bereiche:
Zu a) Die betroffenen Menschen benötigen schnellstmöglich eine Perspektive. Zum einen benötigen Betroffene ohne ausreichenden Versicherungsschutz finanzielle Unterstützung zum Wiederaufbau Ihrer Häuser. Zum anderen benötigen Sie eine Perspektive, dass alsbald die öffentliche Infrastruktur wiederhergestellt wird und es sich auch lohnt im Ahrtal wohnen zu bleiben! (Kita, Schule, ÖPNV, Sportverein, Arbeitgeber in der Region stärken etc.)
Zu b) Das Ahrtal war eine wirtschaftlich starke Region geprägt von vielen kleinen und mittelständigen Unternehmen. Daneben sind der Tourismus und der Weinbau wichtige Säulen. Den Unternehmen muss durch schnelle und unbürokratische finanzielle Hilfe ein Neustart ermöglicht werden um so die Unternehmen in der Region zu halten und Arbeitsplätze zu sichern. Dazu zählt auch die schnelle Wiederherstellung der öffentlichen Infrastruktur (Straße, Schiene, Internet)
Zu c) Zum Wiederaufbau der gesamten Infrastruktur (unter Beachtung eines besseren Hochwasserschutzes) bedarf es sicherlich mehrerer Milliarden Euro. Städte, Gemeinden, Kreis und Land werden dies sicher nicht leisten können. Hier muss der Bund zeitnah einen nationalen Milliarden-Aufbaufonds auflegen. Der Kreis AW benötigt kurz- und mittelfristig mehrere Milliarden Euro.
Weder Kreisverwaltung noch die betroffenen Kommunalverwaltungen sind personell in der Lage eine solch große Aufgabe zu bewältigen. Es muss daher zwingend eine Stabsstelle eingerichtet werden, die den Wiederaufbau koordiniert. Hierfür bedarf es Experten, die auch künftige Extremwetterereignisse beim Wiederaufbau berücksichtigen und darauf achten, dass Steuergelder sowohl sinnvoll und nachhaltig als auch gerecht eingesetzt und verteilt werden. Diese Aufgabe sollte vom Bund übernommen werden. Insbesondere auch mit Blick auf mögliche vergleichbare Ereignisse in der Zukunft.
Selbst wenn Bund und Land mit erheblichen finanziellen Mitteln die Region unterstützen, wird es Jahre dauern, bis Infrastruktur und Häuser wiederhergestellt werden können. Im öffentlichen Bereich führen langwierige Planungs- Genehmigungs- und Vergabeverfahren zu nicht hinnehmbaren Verzögerungen. Aus diesem Grund müssen bei dem Wiederaufbau von Schulen, Kitas, Spiel- und Sportplätzen zwingend beschleunigte Verfahren angewandt werden oder durch Einrichtung einer Art Sonderwirtschaftszone gesetzlich verkürzt bzw. ausgesetzt werden.
Auch steuerliche Anreize für den Wiederaufbau sind dringend notwendig. So sollte für einen angemessenen Zeitraum die Umsatzsteuer innerhalb der Sonderwirtschaftszone Ahr für bestimmte Leistungen (Bauwirtschaft, Tourismus, Gastronomie und Landwirtschaft) ausgesetzt oder reduziert werden. Ebenso sollten für Unternehmer an der Ahr besondere Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen in ihre Betriebe geschaffen werden (degressive AfA, Sonder-AfA etc.).
Der Zugang zum Kreditmarkt darf betroffenen nicht erschwert werden. Da zu befürchten ist, dass Grundstücke und Immobilien an der Ahr deutlich an Wert verlieren könnten bzw. deren Beleihungswerte von den Banken nun deutlich korrigiert werden müssen, bedarf es schnelle Regelungen um den Menschen den Zugang zum Kreditmarkt zu angemessenen Konditionen zu ermöglichen. Hier muss die KfW-Bank in Zusammenarbeit den örtlichen Kreditinstituten ein entsprechendes Kreditprogramm auflegen.
Es braucht eine bundesweite solidarische Pflichtversicherung für Elementarschäden. Bisher wurden die Diskussionen um eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden von der Versicherungslobby und der CDU/CSU im Keim erstickt. Es ist aber längst überfällig, dieses wichtige Thema auf die Agenda zu setzten. Ähnlich wie bei der Autoversicherung sollte es auch bei Gebäude und Hausratversicherung eine Pflicht zur Elementarschutzversicherung geben. Insbesondere darf es nicht sein, dass BürgerInnen grundsätzlich oder durch zu hohe Prämien faktisch von den Versicherungen ausgeschlossen werden.
Grundsätzlich muss künftig intensiver darauf geachtet werden, dass die Versiegelung von Oberflächen reduziert wird und die Landnutzung angepasst werden. Hochwasserschutz und Extremwettersituationen müssen in allen Bereichen (Infrastruktur, Bauen, Landwirtschaft) intensiver mitgedacht werden.
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich möchte euch, nicht zuletzt aufgrund der Stimmung der Menschen vor Ort, eindringlich darum bitten, auch weiterhin klare Zeichen in die Region zu senden, dass Landes- und Bundespolitik als zuverlässiger Partner an der Seite der betroffenen Kommunen und des Landkreises stehen.
Wie aus unseren Forderungen zu lesen, geht es dabei nicht nur um finanzielle Hilfe. Die Bewältigung der Katastrophe und der Wiederaufbau einer ganzen Region ist eine riesige Herausforderung und zugleich eine große Chance. Es ist ein großer nationaler Kraftakt, bei dem Bund und Land nicht ausschließlich finanziell, sondern auch personell mit anpacken müssen.
Die Menschen an der Ahr, die Kommunen, die Kommunalpolitik und eure Genossinnen und Genossen vor Ort bauen auf euch.
Für Eure Unterstützung danke ich Euch herzlich
Glück auf
Euer
Christoph Schmitt
Bundestagskandidat für den
Wahlkreis 198 Ahrweiler/Mayen